Corona, Lockdown, Homeschooling – niemand, wirklich niemand von uns hat es in den letzten eineinhalb Jahren noch für möglich gehalten, dass wir – der Jahrgang, der in letzten beiden Schuljahren häufiger zuhause als in der Schule gelernt hat – doch noch auf Studienfahrt gehen können. Umso größer war die Freude, als unsere Deutsch-Kursleitungen vor den Sommerferien mit der Überraschung kamen: Es wird eine Studienfahrt geben und dann auch noch BERLIN, also nichts Langweiliges, sondern ein ziemlich spannendes Ziel.

Am Dienstag, den 28. September, ging es dann für uns, die Q12, mit den Lehrkräften Frau Glatigny, Frau Dr. Lutz, Frau Witt, Herrn Brandl, Herrn Fellner, Herrn Richter und Herrn Wabra um 8 Uhr mit dem Bus Richtung Berlin. Um 16 Uhr konnten die Zimmer im Hotel bezogen werden und wir uns kurz von der Fahrt erholen. Durch die ca. 2-stündige Verspätung musste der von Herrn Wabra geplante Spaziergang durch das politische Berlin leider entfallen. Stattdessen sind wir zusammen zu Fuß nach Berlin Mitte gegangen, wo sich in Kleingruppen ein schöner Platz zum Essen gesucht werden konnte. Um 22 Uhr haben wir uns am vereinbarten Treffpunkt getroffen und sind zusammen mit der S-Bahn zurück zum Hotel gefahren.

Um 7:15 Uhr beziehungsweise um 7:30 Uhr gab es für uns am nächsten Morgen (Mittwoch) Frühstück, bevor um 10 Uhr die Stadtrundfahrt begann. Dabei haben wir die ganze Stadt mit dem Bus erkundet. Am Berliner Schloss wurde ein kurzer Stopp eingelegt, um sich den Innenhof des Schlosses anzusehen. Währenddessen begann es wolkenbruchartig zu regnen, sodass die sowohl Schülerinnen und Schüler als auch Lehrkräfte, die keinen Regenschirm dabeihatten, tropfnass wurden. Deshalb wurde auch nach der ca. 2-stündigen Stadtrundfahrt ungeplant im Hotel eine Pause gehalten, damit wir uns umziehen und aufwärmen konnten.

Um 13:45 Uhr ging es zurück in die Innenstadt, wo in vier Gruppen eine Führung durch das Denkmal der ermordeten Juden Europas stattfand. Die Zeit vor und nach der Führung stand uns zur freien Verfügung, wobei einige diese genutzt dafür haben, um in der Mall of Berlin shoppen zu gehen. Herr Wabra hat seiner Gruppe angeboten, nach der Führung das Reichstagsgebäude und das Bundeskanzleramt zu besuchen und über die Botschaften zurück zum Treffpunkt zu gehen. Um 17 Uhr sind wir schließlich mit dem Bus zurück in das Hotel gefahren und um 18:45 Uhr ging es nach Kreuzberg, wo sich wieder jeder etwas zum Essen gesucht hat. Auch dort haben wir uns am vereinbarten Treffpunkt um 22 Uhr getroffen, wobei dieses Mal die Schülerinnen und Schüler vor den Lehrkräften im Bus saßen und gewartet haben. Dieses Stadtviertel war doch schon sehr entfernt von der Umgebung, die wir sonst kennen. Aber auch das gehört zu einer Großstadt wie Berlin und hat uns alle geprägt.

Am dritten Tag (Donnerstag) unserer Berlin-Reise durften wir zunächst etwas länger ausschlafen, bis wir zu unserem ersten Ausflugsziel des Tages aufbrachen. Pünktlich um 10 Uhr war es dann aber soweit und nach einem schnellen Gruppenfoto vor der East Side Gallery, die direkt gegenüber unserer Unterkunft gelegen war, brachten uns unsere Busfahrer Erwin und Heidi, wie immer sicher und komfortabel, an unser Ziel. Zunächst ging es zum „berühmt-berüchtigten“ Bahnhof Zoo, der für uns den Ausgangs- und Endpunkt des Vormittags darstellte. Sobald geklärt war, wann und wo wir uns wiedertreffen sollten, verteilten sich die Schülerinnen und Schüler in alle Richtungen, um die Umgebung zu erkunden. Die meisten verschlug es zum nahegelegenen Ku´damm, einer nicht zuletzt durch zahlreiche Fernsehserien und Dokus weltbekannten Einkaufsmeile im Westen der Berliner Innenstadt. In den folgenden zwei Stunden, die uns zur freien Verfügung standen, ergaben sich natürlich zahlreiche Möglichkeiten zum Essen und Shoppen gehen, die selbstverständlich nicht ungenutzt bleiben sollten. So stand beispielsweise ein Besuch des legendären KaDeWe ganz weit oben auf unserer Prioritätenliste, diesen wollten wir auf gar keinen Fall versäumen. Auf ganzen sieben Stockwerken lud dieses Prachtkaufhaus mit außergewöhnlichem Interieur zum Verweilen, Entdecken und Stöbern ein – doch angesichts der zu erwartenden, ebenso außergewöhnlichen Preise blieb es auch meist dabei, selbst wenn die ausgestellten Artikel, von Designer-Mode über Luxus-Parfums und Silberbesteck bis hin zu Premium-Uhren im mittleren fünfstelligen Bereich, noch so verlockend erschienen. Unsere Zeit war die Shoppingtour trotzdem allemal wert, schließlich findet sich ein derart geschichtsträchtiges Einkaufszentrum wohl kaum ein zweites Mal in Deutschland und erst recht nicht in unserer Heimat; dementsprechend einzigartig ist auch das Erlebnis, es sich anzusehen und die Vielfalt an Produkten zu bestaunen.

Die verbleibende Zeit bis zur Abfahrt der Busse verbrachten wir damit, auf dem Rückweg zum vereinbarten Treffpunkt an den Überresten der ehemals prachtvollen Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche vorbeizusehen, die leider vom Krieg nicht verschont geblieben ist und sich deshalb heutzutage als Bauwerk aus drei Teilen präsentiert. Wer vor dem weniger imposanten Äußeren dieser „Ruine“ nicht zurückschreckt und sich neben dem noch erhaltenen Hauptturm und dem im Volksmund als „Lippenstift“ bezeichneten hexagonalen Zylinder nebenan in die „Puderdose“ wagt, kann dort vom lärmbehafteten Trubel des Berliner Alltagsleben in eine andere Welt eintauchen, sobald man den in ein mysteriöses Blau getauchten Gottesdienstraum betritt, der durch seine Ruhe und Farbgebung der Fenster andächtig macht. So ungewöhnlich und fremdartig sein Inneres erscheinen mag, so faszinierend ist es zugleich, sich für ein paar Minuten dieser eigenartigen Stimmung hinzugeben.

Doch der Tag ist noch lang und wir haben eine Menge zu erleben. Vorbei an weiteren Sehenswürdigkeiten wie dem Kultkino „Zoo Palast“, das mit überlebensgroßen Plakaten die Premiere des neuen Bond-Films verkündet, führt uns der nächste Ausflug zu nicht weniger erhabenen Majestäten, wenngleich diese eine etwas andere Art Kulturerlebnis zu werden versprechen. Wieder im Bus zurück, geht es für alle zum nächsten Ziel der Berlin-Fahrt: auf die Museumsinsel. Unweit der Stadtmitte gelegen und von der Spree umrahmt findet man hier eine so hohe Konzentration an Kulturgütern, wie sie selbst die Grabbeigaben der einflussreichsten Pharaonen in den Schatten stellt. Apropos, im Neuen Museum gab es zum Zeitpunkt unseres Besuchs gerade eine Ausstellung über ägyptische Ausgrabungen zu bestaunen. Aufgrund der gebotenen Besucherbeschränkungen waren unsere für den Nachmittag vorgesehenen Führungen durch das Deutsch Historische Museum in Gruppen aufgeteilt, deshalb wurde es uns selbst überlassen, wie wir die Wartezeit bis dahin überbrückten. Da der Eintritt in das Neue Museum für unter 18-Jährige kostenlos war, entschieden sich viele dazu, sich ein Ticket zu „kaufen“ und die zahlreichen Fundstücke anzusehen, die es dort zu bestaunen gab. Das Highlight der Ausstellung war eindeutig die prachtvolle Büste der Nofretete, von der aus der Nähe betrachtet eine einzigartige charakteristische Ausstrahlung ausgeht; dennoch war es auch interessant, sich die anderen Objekte anzusehen und so etwas über die Jahrtausende alte Geschichte der nordafrikanischen Hochkultur am Nil zu erfahren.

So verstrich die Zeit und schon bald darauf konnte unsere Führung im Deutschen Historischen Museum beginnen. Unser Guide, ein junger Mann mit englischem Akzent, brachte uns die Ausstellung „Die Liste der Gottbegnadeten“ auf anschauliche und informative Weise näher und regte zu aufschlussreichen Diskussionen an. Wir befassten uns mit Fragen wie: Beeinflusst die politische Vergangenheit eines Künstlers, wie wir seine Werke betrachten? Sollte sie es? Können wir noch unbesorgt die Songs eines erfolgreichen Popsängers hören und genießen, wenn dieser ein schweres Verbrechen begangen hat? Wie gelingt es uns Deutschen, unsere Geschichte angemessen aufzuarbeiten und gleichzeitig Stolz für unser Herkunftsland zu empfinden? Wie gehen wir damit um, dass sich immer noch zahlreiche Kunstwerke und Bauten der Nazi-Diktatur in unseren Städten befinden? Speziell hierzu gab es sogar eine interaktive Karte in den Ausstellungsräumen. So fanden wir nach kurzer Suche selbst auf Kinderspielplätzen Statuen, die von „gottbegnadeten“ Künstlern entworfen worden waren. Immer wieder entdeckten wir an unerwarteten Stellen Objekte, die aus der NS-Zeit stammend noch heute in unseren Großstädten aufgestellt sind. Aber auch an bekannten Gebäuden, die oft für agitatorische Zwecke oder zur Propaganda genutzt wurden, herrscht kein Mangel: das Olympiastadion oder der ehemalige Flughafen Tempelhof in Berlin, das Reichsparteitagsgelände in Nürnberg, das KdF-Seebad in Prora und viele mehr.

Nach all den Fragen und Informationen hatten wir eine kurze Pause zwischendurch wohl nötig. Die nutzten wir, um uns ein wenig auf der Museumsinsel umzuschauen. Neben dem neulich restaurierten Humboldt-Forum und weiteren Museen gab es hier auch den imposanten Berliner Dom zu bestaunen. Viele suchten ein schönes Plätzchen in der Sonne, die nun endlich die Wolkendecke durchbrochen hatte, und auf der ausgedehnten Grünfläche namens „Lustgarten“ direkt gegenüber dem Kuppelbau. Als alle Gruppen ihre Führungen beendet hatten, kehrten wir zunächst in unser Hotel zurück. Etwas später begann dann unser abendlicher Ausflug. Dieses Mal ging es zu den Hackeschen Höfen, ein Verbund aus zahlreichen Innenhöfen, umrahmt von beschaulichen Hausfassaden im Jugendstil, in denen sich zahlreiche gemütliche Restaurants befinden. Gelegenheiten zum Essen gehen gab es also genug und bei Drinks, allerlei Speisen und unterhaltsamen Gesprächen in gemeinsamer Runde verging unser letzter Abend in Berlin unerwartet schnell.

Schon war es also wieder soweit: unser letzter Tag (Freitag) in Berlin brach an. Die Zeit unseres Aufenthalts war wie im Fluge vergangen, was vor allem den vielfältigen Aktivitäten und unserem spannenden Ausflugsprogramm geschuldet war. Viele von uns haben es in unserer Hauptstadt sehr genossen, gerade weil sie in ihrem Erscheinungsbild einen recht deutlichen Kontrast zur hügeligen Mittelgebirgslandschaft unserer oberpfälzischen Heimat darstellt. Besonders aufregend war es, die zahlreichen beeindruckenden Sehenswürdigkeiten zu sehen, ob geschichtsträchtige wie das Brandenburger Tor und der Reichstag oder moderne wie das KulturKaufhaus Dussmann und der Fernsehturm, und die weitläufige Stadt auch mal eigenständig zu erkunden. Nach dem Frühstück räumten wir unsere Hotelzimmer und bald darauf ging es auch endgültig los. Wir verabschiedeten uns von unserer Unterkunft und Berlin und verließen die Stadt in Richtung Potsdam. Hier wollten wir auf dem Rückweg einen etwa zweistündigen Stopp einlegen, um uns die weitläufige Parkanlage um Schloss Sanssouci anzusehen. Dort gab es viel zu sehen: das Schloss selbst mit seinen Weinbergterrassen, auf denen sich alle Teilnehmer der Fahrt zu einem Gruppenfoto versammelten, der Botanische Garten, das Neue Palais, das Orangerieschloss und natürlich zahlreiche Fontänen und Blumenrabatten, die sich verteilt über die gesamte Parkanlage finden. Es war erstaunlich zu sehen, wieviel Grün in unmittelbarer Nähe zu der größten Stadt unseres Landes anzutreffen ist. Romantische Wege schlängelten sich hier durch kleine Wälder und luden zu einem ausgedehnten Spaziergang ein, dem auch das sonnige Wetter nichts entgegensetzte. Wir nutzten diese Möglichkeit gerne, um uns die Beine zu vertreten und frische Luft zu atmen, bevor wir, eingezwängt in den vollbesetzten, lauten und engen Reisebus, endgültig unsere Heimreise antreten würden. Als sich auch unser Aufenthalt im Schlosspark Sanssouci in Potsdam dem Ende zuneigte, ließ ich die Ereignisse der vergangenen Tage noch einmal vor meinem inneren Auge Revue passieren.

Auf unserer Berlinfahrt haben wir eine Menge erlebt und dabei vieles erfahren, Neues kennengelernt und Erfahrungen gesammelt: durch Stadtrundfahrten, Museumsführungen und bei Sightseeing-Touren zu Fuß, abends in gemeinsamer Runde und durch Erkundungen auf eigene Faust. Für die Organisation dieser Aktivitäten sind die teilnehmenden Lehrerinnen und Lehrer, allen voran Frau Witt als Initiatorin, ausschlaggebend gewesen, weil sie selbst dann noch an der Idee dieser Fahrt festgehalten haben, als nicht absehbar war, ob die äußeren Umstände ihre Durchführung überhaupt möglich machen. Außerdem haben Sie unseren Aufenthalt in Berlin stets professionell begleitet und jeden Tag aufs Neue für einen geordneten Ablauf gesorgt. Dafür möchten wir uns im Namen aller teilnehmenden Schülerinnen und Schüler an unserer Berlinfahrt herzlich bei unseren Lehrkräften bedanken, weil sie uns trotz aller Widrigkeiten eine unvergessliche Zeit ermöglicht haben! Wer hätte noch vor einem Jahr gedacht, dass wir diese Fahrt jetzt antreten hätten können?

Übrigens: unser Dank gilt natürlich auch unserem Busfahrer Erwin und unserer Busfahrerin Heidi, die uns immer sicher ans Ziel gebracht haben und dabei noch für ausgezeichnete Unterhaltung gesorgt haben!

Berlin! Du warst so wunderbar!

Ida Landgraf und Ben Löw für die Q12