Der Wahlkurs Politik & Zeitgeschehen / Politikcafé im Gespräch mit Dr. Agnes-Marie Strack-Zimmermann

Plötzlich eine Promi-Politikerin im digitalen Warteraum!? Nun, ganz so plötzlich kam es dann doch nicht, aber jetzt mal von Anfang an.

Wen wollen wir zu uns einladen? Diese Frage steht stets am Anfang eines Schuljahres im Wahlkurs Politik & Zeitgeschehen / Politikcafé mit Herrn Wabra; und so schicken wir Einladungen an lokale, Landes- und Spitzenpolitiker oder Experten, die wir interessant finden. Doch bei prominenteren Personen ist es meist ziemlich unwahrscheinlich, überhaupt eine Antwort zu erhalten. Umso überraschender war es, dass das Büro von Dr. Agnes-Marie Strack-Zimmermann, der Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses im Deutschen Bundestag, sehr schnell zurückschrieb. In einem Telefonat im Januar haben wir die Details besprochen, in den Wochen zuvor Fragen vorbereitet, und am 17. Mai 2023 war es dann soweit: 13:30 Uhr Videotalk mit einer der bekanntesten Politikerinnen Deutschlands.

Als sie sich in unseren Visavid-Raum eingewählt hatte, war unsere Nervosität zunächst groß, denn man hat ja nicht jeden Tag eine Promi im digitalen Warteraum.

Schnell aber legte sich unsere Aufregung, denn Frau Strack-Zimmermann ging breitwillig und sehr freundlich auf unsere Fragen ein. So berichtete Sie, dass sie sich soeben in München befinde, davor in Hamburg war, und auch in den kommenden Tagen viel unterwegs sei. Hierauf interessierten wir uns im ersten Block für Fragen rund um den persönlichen Werdegang und ihr Politikverständnis.

Frau Strack-Zimmermann gilt als prominente und streitbare Politikerin, weil sie – so betont sie – der Meinung ist, dass es in der Politik darum gehe, meinungsstark zu sein sowie für seine Vorstellungen einzutreten, um andere Menschen überzeugen zu können. Sie erzählte auch, dass sie manche Politiker/innen persönlich möge, auch wenn diese nicht ihrer Meinung sind – also ist diese Meinungsstärke echt was Wichtiges. Politik sei eben nichts für Weicheier. Deshalb ist sie auch bei Social Media sehr aktiv und unterhält Accounts bei Facebook, Instagram und Twitter.

Über ihren politischen Werdegang und ihr Politikverständnis kamen wir bald auf aktuelle Fragen der Regierungspolitik zu sprechen:

Frau Strack-Zimmermann erzählte uns Anekdoten über wichtige Vertreterinnen und Vertreter von Ampel-Parteien, über den Bundeskanzler und auch, mit wem aus den anderen Regierungsparteien sie sich auch privat treffen würde (ihre Antworten darauf bleiben unser und ihr Geheimnis). Hier war für uns der erste Höhepunkt des Gesprächs, denn Frau Strack-Zimmermann erzählte frei von Leber, humorvoll und ehrlich Dinge, die man sonst in den Medien nicht erfährt. Zum Beispiel, wie der Bundeskanzler so ist, wenn die Kameras aus und die Türen zu sind.

Warum es scheinbar so viel Streit in der aktuellen Regierungskoalition gibt? Frau Strack-Zimmermann schiebt das darauf, dass in den Medien vor allem über Streit berichtet werde und dass der Konsens viel größer sei als dargestellt. Außerdem gehe es im aktuellen Zeitgeschehen um existenzielle Fragen, worüber Streit in einer Demokratie notwendig sei.

Apropos „existenzielle Fragen“ – um diese sollte es nun auch beim Thema Verteidigungspolitik bei uns gehen. Zukunft der Bundeswehr, Verteidigungsfähigkeit der Bundesrepublik, Wiedereinführung der Wehrpflicht oder auch Details zum „Pannen-Panzer“ Puma waren dabei nur die wichtigsten Themen. Was sehr interessant war: Obwohl Frau Strack-Zimmermann die Bundeswehr entwickeln will, hält sie eine Wiedereinführung der Wehrpflicht für nicht sinnvoll. Sie sagte, dass junge Menschen eine Wahl haben sollten, um selbst entscheiden zu können, was sie mit ihrem Leben machen. Das sei auch ein Teil der Meinungsfreiheit. Frau Strack-Zimmermann ging auf alles ausführlich und detailreich ein, indem sie hervorhob, dass die Bundeswehr digitaler und vor allen Dingen moderner werden müsse, denn neben der aktuellen Bedrohungslage durch Russland gebe es auch Gefahren im Cyberraum und durch Desinformation.

Einen sehr wichtigen Teil unseres Interviews bildete aber der aktuelle Überfall Russlands auf die Ukraine, mit dem wir uns schon das gesamte Schuljahr immer wieder beschäftigen. Frau Strack-Zimmermann war es sehr wichtig zu betonen, dass dieser Angriffskrieg einen Bruch mit dem Völkerrecht darstelle und eine große Gefahr für den Frieden in Europa bedeute. Sie machte sehr deutlich, dass sie auf der Seite der Ukraine stehe und alles tun wolle, um die Ukraine in diesem Krieg zu unterstützen. Wir besprachen deshalb ausführlich das Thema Waffenlieferungen und ein mögliches Ende dieses Krieges. Zu allen, auch den umstrittenen Fragen gab uns Frau Strack-Zimmermann ihre Sicht der Dinge und zielte immer wieder auf uns als junge Generation ab: Was bedeutet dieser Krieg für eine zukünftige europäische Friedensordnung? Welche Diskussion gab und gibt es zur militärischen Ausrüstung der Ukraine? Was kann Deutschland bzw. die Bundeswehr noch leisten? Kein Thema wurde ausgespart, aber dabei auch das Wichtigste nicht übersehen: Das Schicksal der vom Krieg direkt betroffenen Menschen in der Ukraine.

Weil Frau Dr. Strack-Zimmermann die Betroffenen des Krieges sehr wichtig sind, wendete sie sich, bevor sie sich von uns verabschiedete, noch an Olena, die aus der Ukraine stammt. Sie fragte nach Olenas Familie und versprach ihr ihre Solidarität. Ihr letzter Satz vor der Verabschiedung: „Slava Ukraini“.

Mit der Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses im Deutschen Bundestag hat sich eine der bekanntesten deutschen Politikerinnen 50 Minuten für uns Zeit genommen. Es war ein sehr persönliches, kurzweiliges und wahnsinniges interessantes Gespräch, in dem sich Frau Dr. Strack-Zimmermann immer für uns interessiert hat und sehr humorvoll war. Obwohl wir zu Beginn schon etwas nervös waren, hat sie uns die Aufregung schnell genommen.

Für den Wahlkurs Politik & Zeitgeschehen / Politikcafé Olena Butorovych und Finn Meißner
Foto / Screenshot: Felix Wabra